Walmdach führt nicht zu vier Traufseiten

September 2021
Ein Praxiskommentar von Dr. Markus Lanter

Das Baurekursgericht hatte sich unlängst mit der Baubewilligung für zwei Mehrfamilienhäuser zu befassen, die Mansardwalmdächer aufweisen sollten (BRGE I Nr. 0121/2021 vom 20. August 2021). Dabei betrug die vorgesehene Dachneigung im unteren Dachbereich jeweils 80°. Im oberen Dachbereich war auf den Gebäudelängsseiten eine Abflachung auf 45° vorgesehen, bei den kürzeren Gebäudeseiten eine solche auf 70°. Die Baubehörde hatte Letzteres bemängelt und auflageweise ebenfalls eine Reduktion der Neigung auf 45° verlangt. Die Gebäude sollten also von allen vier Gebäudeseiten her betrachtet innerhalb eines hypothetischen Gebäudeprofils zu liegen kommen, das durch einen auf der maximal zulässigen Gebäudehöhe angesetzten 45°-Winkel definiert wird. Im Rekursverfahren brachte die Baubehörde dafür die Begründung vor, beim Walmdach würden alle vier Dachseiten zur Traufe führen. Es seien daher alle Gebäudeseiten als Trauffassaden zu behandeln. An deren Seiten bzw. Eckpunkten müsse die Gebäudehöhe jeweils zwingend eingehalten werden.

Das Baurekursgericht erteilt dieser Auffassung – zu Recht – eine klare Absage: Die anzuwendenden Bestimmungen über die Messweise der Gebäudehöhe und die einzuhaltende Profillinie (§ 280 Abs. 1 und § 281 PBG in der hier noch anwendbaren Fassung vor Inkrafttreten der Änderung vom 14. September 2015) sind auf klassische Satteldächer zugeschnitten. Bei anderen Dachformen muss im Einzelfall ein dem Sinn und Zweck der Bestimmungen gerecht werdendes Vorgehen ermittelt werden. Selbst bei Flachdachbauten werden dabei nach der konstanten Rechtsprechung immer je zwei hypothetische Trauf- und Giebelseiten definiert. Zur Bestimmung der Gebäudehöhe sind jeweils nur die Traufseiten massgeblich. Ein sachlicher Grund dafür, von dieser Regel bei Walmdächern abzuweichen, ist nicht ersichtlich. Das Gegenteil ist der Fall. Dachgeschosse unter Walmdächern würden in ihren Volumen deutlich stärker begrenzt, als dies bei Gebäuden mit herkömmlichen Satteldächern oder Attikageschossen der Fall ist. Dafür besteht umso weniger eine Veranlassung, als Dachgeschosse unter Walm- oder Mansardwalmdächern aufgrund der allseits vorhandenen Dachflächen besonders gut als Dachgeschosse erkennbar sind.

Mit dem Wechsel von der Gebäude- zur Fassadenhöhe (Umsetzung der IVHB) wird sich daran im Übrigen nichts ändern. Es bleibt bei grundsätzlich je zwei Trauf- und Giebelseiten. Giebelseitig erhöht sich die Fassadenhöhe um die sich aus der Dachneigung von 45° ergebende Höhe, höchstens aber um 7 m (§ 280 Abs. 1 PBG in der revidierten Fassung). Dabei bezieht sich die Dachneigung wie bisher einzig auf ein von der Traufe (entlang der Gebäudelängsseite) her ansteigendes Dach.

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